Stumme Umarmung bewirkt mehr als Worte

Ein Benefizkonzert mit dem Titel „Gebt Kindern eine Stimme“ zugunsten der Initiative „Trauernde Eltern“ bewegte am Sonntag die Besucher in der
evangelischen Kirche in Seulberg.

Seulberg. Milde Sonnenstrahlen dringen am Sonntagnachmittag durch die bunten Kirchenfenster, tauchen die evangelische Kirche Seulbergs in ein freundliches und einladendes Licht. Es ist ein schöner Tag. Und es ist ein
bewegendes Konzert. „Gebt den Kindern eine Stimme“ lautet der
Titel dieses Benefizkonzerts, zu welchem die Initiative „Trauernde
Eltern“ eingeladen hatte.
Prall gefüllt war das Programm mit Beiträgen dreier Friedrichsdorfer Chöre, Gitarristen und einer Harfenistin. Den Begriff „verwaiste Eltern“ als
Analogie zu Waisenkindern wiegte Benedikt Baum, Leiter des
Chors Ephata von der evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde, gedanklich hin und her, er wirkte, als suche er nach den richtigen Worten, und
Fand sie zugleich: Der Chor möchte mit seinem Gesang „den Kindern eine Stimme geben“, ganz so wie es der Titel anklingen lässt.

Herzerwärmend

Der altersdurchmischte Chor – vier Mädchen im Grundschulalter
gehören dazu – erfüllte den Auftrag berauschend und stimmgewaltig. Mit Auszügen aus dem Musical „Les Miserables“, stimmlich wunderbar arrangiert, in schönem Wechsel zwischen Soli und Chorgesang, zwischen Kinder- und Erwachsenenstimmen,
scheinen die Sängerinnen und Sänger eben jenen Auftrag zu erfüllen. Sie singen glasklar, bewegend und herzerwärmend.
„Wenn Kinder vor den Eltern gehen, löst sich die Ordnung, wie sie einmal bestand, auf“, beschrieb Kara Voss-Conrad. Die Initiative sei wichtig für Eltern, die ihr Kind verloren haben, „hier dürfen sie trauern und über ihr Kind sprechen“, ergänzte Systemtherapeutin Voss-Conrad.
„Es ist keine typische Trauergruppe, es ist eine Insel.“ Ein rettendes Eiland für Eltern, die nach der Schockphase behutsam wieder nach einem Sinn im Leben suchen. Trauer, weiß die Systemtherapeutin,
kann nicht bewältigt werden, man lernt Schritt für Schritt damit umzugehen.
„Unsere Angebote sind kostenfrei“, sagte Elisabeth Frenzel,
Vorsitzende der Initiative, die monatlichen Treffen ebenso wie die Einzeltherapiegespräche, das sei ihnen wichtig, betonten sie. Die
Stadt Bad Homburg unterstütze sie finanziell. Und das Benefizkonzert
spielte mit leisen und sanften Liedern“ wie „Lobe den Herrn“ von Felix Mendelssohn Bartholdy und „Morning Has Broken“, gesungen vom Chor der evangelischen Kirchengemeinde Seulbergs, aber auch mit zarten Harfenklängen, gespielt von Leonie Minor, Spenden in die
Kassen.
Erfreut haben ferner das Gitarrenduo Michael Fremerey und Tom Conrad mit Blues-Melodien und einem Stück von Astor Piazzolla. Und der Chor „Entrüstet Euch“ beschwingte mit Liedern wie „Turn, Turn, Turn“, „Brot und Rosen* oder „Ich habe mir so oft gewünscht“. Begleitet wurde der Chor dabei von Norbert Guggenbichler auf der Gitarre, der den Chorsatz der Lieder geschrieben hatte.
Ein schönes Konzert für eine wichtige Sache. „Auch ich als Pfarrer stoße an meine Grenzen“, gestand Frank Couard, Hausherr der Seulberger Kirche, wenn er Kinder beeidigen muss, wenn er
Worte des Trostes für die Eltern finden muss. Doch die trauernden
Eltern der Initiative wissen: „Kein Mensch muss diese Trauer allem
tragen.“

 

VON OLIVERA GLIGORIC-FÜRER

Quelle: Taunus Zeitung vom 28.09.2016

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